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Passt wie angegossen: Neue Wege in der Batterieforschung

2019-10-17 – Nachrichten aus dem Physik-Department

In den vergangenen Jahren haben sich Lithium-Ionen-Akkus vor allem in mobilen Anwendungen und in der Elektromobilität etabliert und es werden ständig zahlreiche neue Konzepte entwickelt. Um ihre Effizienz und Langlebigkeit zu erhöhen, müssen diese genau charakterisiert und verstanden werden. Eine Kollaboration bestehend aus dem Heinz Maier-Leibnitz Zentrum und der Technischen Universität München implementiert eine Methode am FRM II in Garching, die wie zugeschnitten für die Erforschung der Lithium-Ionen Akkus ist: Die Neutronen Tiefenprofilanalyse (engl. Neutron Depth Profiling – NDP).

Funktionsweise der Neutronen-Tiefenprofilanalyse
Funktionsweise der Neutronen-Tiefenprofilanalyse: Lithium fängt ein Neutron ein und zerfällt in Tritium und Helium-4. Wissenschaftler messen die Energie der Teilchen, die aus der Oberfläche austreten und können so die ursprüngliche Lage des Lithium Atoms bestimmen. – Markus Trunk / TUM

Neue Methode zur Erforschung von Lithium-Ionen Akkus

Das neue Instrument mit dem Namen „N4DP“ wird zur Zeit an der PGAA Anlage implementiert und nutzt den hohen Neutronen-Wirkungsquerschnitt bestimmter Nuklide aus. Niedrig energetische Neutronen werden von diesen Nukliden in der Probe eingefangen, die spontan in zwei geladene Teilchen zerfallen. Die Art dieser Teilchen und ihre jeweiligen Energien sind bekannt und hängen von den einfangenden Nukliden ab. Da die geladenen Teilchen beim Durchgang durch Materie Energie verlieren, kann über diesen Energieverlust auf die Tiefe ihres Ursprungs geschlossen werden. Das erlaubt sehr detailliert die Dichteverteilung der Atome in einer Probe zu bestimmen. Im Gegensatz zu den Multi-Element-Verfahren der Aktivierungsanalyse (PGAA, NAA) ist NDP für eine Hand voll Isotope geeignet. Lithium-6 weist einen sehr hohen Wirkungsquerschnitt für den Zerfall in geladene Teilchen auf und aus diesem Grund ist diese Methode perfekt für die tiefenaufgelöste Erforschung von Lithium-Ionen-Akkus geeignet.

Die Abbildung oben zeigt schematisch die Funktionsweise von NDP im Fall von Lithium-6. Mit dieser Methode sind ex situ Messungen möglich, bei denen Elektroden aus Akkus ausgebaut und dem hohen Neutronenfluss im N4DP zur Untersuchung ausgesetzt werden. Die Elektroden werden zu verschiedenen Ladestadien ausgebaut und haben unterschiedlich viele Ladezyklen hinter sich. Zusätzlich erlaubt diese Methode auch sogenannte operando Messungen, bei denen der gesamte Akku während des Lade- bzw. Entladevorgangs untersucht werden kann.

Lithium-Ionen-Batterien mit Silizium-Graphit Elektroden

An der N4DP wurde ein vielversprechender neuer Kandidat für Silizium-Graphit Elektroden charakterisiert, der einen Siliziumanteil von 35% besitzt. Diese siliziumbasierte Anode leidet auch unter dem Kapazitätsverlust, der mit zunehmenden Lade- und Entladezyklen einhergeht. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit konnten die Wissenschaftler zwei Ursachen hierfür identifizieren: Zum einen schwillt die Elektrode mit zunehmenden Ladezyklen an und nimmt dabei auch an Masse zu. Das Material für die Massenzunahme stammt aus Produkten von Nebenreaktionen des Lithiums im Elektrolyten mit der Elektrode, welche dann die sogenannte SEI Schicht bilden (engl. “solid electrolyte interphase“). Zum anderen vergrößern morphologische Änderungen der Siliziumnanopartikel ihre Oberfläche, was die weitere Bildung einer SEI Schicht erhöht.

Beide Ergebnisse konnte die Forschungsgruppe mithilfe konventioneller elektrochemischer und bildgebender Verfahren bestätigen. Mit NDP konnten sie jedoch einen Schritt weiter gehen und die Massenzunahme im Detail betrachten. Sie erkannten, dass die Zunahme des Siliziums in der SEI Schicht mit zunehmenden Ladezyklen weitestgehend gleichmäßig über die Dicke der Elektrode erfolgt. Diese Erkenntnis ist sehr wichtig, denn jetzt können die Wissenschaftler die ionische und/oder elektrische Transportlimitierungen über die Elektrodendicke als möglichen Grund für den beobachteten Kapazitätsverlust ausschließen. Der beobachtete Kapazitätsabbau liegt also nicht an der Verdichtung der Elektrodenporen durch SEI Produkte, sondern ist vor allem verursacht durch die Volumenausdehnung/-kontraktion der Silizium Partikel über Ladezyklen hinweg und durch die allmähliche Vergrößerung der Oberfläche, die durch die morphologischen Änderungen der Siliziumpartikel hervorgerufen wird.

Tiefenaufgelöste Messungen ermöglichen Beobachtung während Laden und Entladen

Zusätzlich ist es möglich über ex situ Messungen der SEI Schicht hinauszugehen. „Die tiefenaufgelösten operando Messungen ermöglichen uns mehr als nur die Charakterisierung der passivierten SEI Schicht. Wir können auch den reversiblen Lithiierungsprozess untersuchen, wie er während des Ladens und Entladens der Batterie stattfindet“, sagt Markus Trunk während er mit seinen Kollegen Morten Wetjen und Lukas Werner die Proben für die nächste N4DP Messung vorbereitet.

Veröffentlichungen

Erst kürzlich hat die TUM Kooperation, bestehend aus dem MLZ, dem Lehrstuhl für Elementarteilchenphysik bei niedrigen Energien, dem Lehrstuhl für Technische Elektrochemie und dem Zentralen Technologielabor der Physik, mit N4DP enorm zum Verständnis einer neuen Art von Lithium-Ionen-Akkus beigetragen und dies in drei Veröffentlichungen publiziert:

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