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Trauer um Professor Dr. Georg Michael Kalvius

Emeritierter Ordinarius für Physik (*10.02.1933 †05.11.2021)

2022-01-31 – Nachrichten aus dem Physik-Department

Am 5. November 2021 starb Professor G. Michael Kalvius, emeritierter Ordinarius für Experimentalphysik der TUM, im Alter von 88 Jahren in seiner Wahlheimat Luzern.

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Prof. Dr. Georg Michael Kalvius

Michael Kalvius kam im Februar 1933 in Braunschweig auf die Welt, wo sein Vater als Schauspieler am Preußischen Staatstheater arbeitete. Als Kind und Jugendlicher lernte er das Leben vor und hinter der Bühne und viele klassische und moderne Schauspiele und Opern kennen, entwickelte sein Interesse für Kunst, Literatur und die Eisenbahn. Aus dem Interesse für Technik entstand seine Liebe zur Physik. Nach dem Abitur an der Waldorfschule in Benefeld 1953 studierte er bis 1958 Physik in Göttingen und an der TH München (mittlerweile TU München). 1961 promovierte er bei Heinz Maier-Leibnitz. Nach Lehr- und Forschungsaufenthalten in den USA an der Case Western Reverse University in Cleveland und am Argonne National Laboratory bei Chicago wurde er 1970 ans Physik-Department der TU München berufen. Dort war er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2001 einer der Direktoren des Instituts für Kernphysik und Nukleare Festkörperphysik (E15).

Kalvius gehörte zu den Pionieren der Mößbauerspektroskopie. Er untersuchte damit Verbindungen von Seltenen Erden und Aktiniden, entwickelte die Instrumentierung, insbesondere die Hochdrucktechnologie auch für Messungen bei sehr tiefen Temperaturen, und perfektionierte die Methode. Später fokussierte er sein Interesse auf die Myonenspinspektroskopie und hierbei auf die Erforschung komplexer magnetischer Materialien. Er war maßgeblich beteiligt am Ausbau der europäischen Myonen-Facility am Rutherford Appleton Laboratory (RAL) in England.

Kalvius pflegte eine Vielzahl internationaler Kontakte zu den weltbesten Labors, unter anderem in den USA, Kanada, der UdSSR, Japan, Israel, dem UK, Schweden, Frankreich und der Schweiz. Davon profitierten alle Mitarbeiter, da laufend internationale Gäste am Institut waren, Vorträge hielten und experimentierten. Kalvius arbeitete in internationalen Kommissionen: von 1979 bis 1985 als Vorsitzender des International Board on the Applications of the Mössbauer Effect (IBAME) und von 1982 bis 1992 als Vorsitzender der Magnetism Section of the Condensed Matter Division of the European Physical Society. Direkt nach dem großen Brand am Physik-Department in Garching organisierte er an der TUM die achte International Conference on Magnetism ICM79. Von 1977 bis 2000 war er Kodirektor des Forschungsreaktors München. Für die Förderung der deutsch-französischen wissenschaftlichen Zusammenarbeit erhielt Kalvius 1986 den Gay-Lussac-Humboldt-Preis.

Michael Kalvius war eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Er war nicht nur ein ideenreicher Experimentator mit Leib und Seele, der auch Diplomanden jederzeit Hilfe im Labor gab. Er hatte durch sein breites Interesse ein großes fachliches Wissen sowohl in allen Bereichen der Physik als auch in den bildenden Künsten und der Literatur, das er gerne in tiefgehenden Diskussionen weitergab. Wenn er auf Reisen war, besuchte er auch viele Museen und berichtete darüber. Er war ein hervorragender Gutachter, der ein gutes Gespür für Zusammenhänge hatte, und konnte gut zuhören, beobachten und Menschen begeistern. Mitarbeiter und Kollegen schätzten seinen persönlichen Rat und seine menschliche Nähe. Er gab ihnen uneingeschränkte Freiheit zu forschen, sein volles Vertrauen und bestärkte sie mit Zuversicht in ihrem eigenen Handeln.

Das Physik-Department der TUM wird Michael Kalvius ein ehrendes Andenken bewahren.

Autoren:
Ulrike Potzel und Jochen Litterst
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